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Palmarum, 5. April 2020

 

Und als er (Jesus) in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt. Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls? Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an. Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit. Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis. Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.                            Markus 14, 3-9

 

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,

 

Palmsonntag kennen wir mit Laubzweigen, mit Vorfreude auf Ostern, in der Kirche, im Gottesdienst. Normalerweise feiern wir Palmsonntag fröhlich und zusammen.

 

Doch diesmal ist es anders. Ruhiger, sorgenvoller, vielleicht auch bedächtiger.

 

Wir bleiben zu Hause – allein oder mit der Familie  – und die Nachrichten aus der Welt wecken nicht viel Freude in uns.

 

Auch in unserer Evangeliumsgeschichte sitzen die Menschen in einem Haus. Die Krankheit ist fast noch zu spüren, denn es ist das Haus von Simon dem Aussätzigen. Aussatz war zur Zeit Jesu eine schlimme Krankheit, die den Kranken als einen ‚Unreinen‘ von anderen Menschen isolierte. Simon jedoch wurde geheilt. Ob von Jesus? Das sagt unsere Geschichte nicht. Sie zeigt allerdings, dass er jetzt nicht mehr isoliert ist. Er hat Gäste und sogar der Messias Israels, wie die Menschen ihn bezeichnen, ist es sich Wert mit ihm zu speisen. Was für eine Freude! - und bestimmt ist auch ein bisschen Stolz dabei.

 

Jesus sitzt da. Er hat noch nicht angefangen zu essen, als er plötzlich gesalbt wird. Vielleicht wollte die Frau, die ihn salbte, ihn als Gast ehren, in dem sie nach weitverbreiteter Sitte sein ‚Haupt‘ salbte. Doch sie nimmt dafür das Kostbarste, das ihr zu Gebote stand. Das erinnert an die Salbungen der Könige Israels und das erinnert auch an die Salbung der Verstorbenen.

 

Was war ihr Beweggrund? Das wissen wir nicht. Allerdings wurde Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem von der ganzen Stadt als Messias begrüßt. (‚Hosiana! Gelobt sei der, der da kommt im Namen des Herrn!‘). Und Messias (hebr. Moschiah) bedeutet der Gesalbte.

 

Diese Frau hat vielleicht einfach bewusst oder unbewusst ein weiteres Zeichen gesetzt. Den Messias gesalbt. Und Jesus selbst sagt, sie hätte eine gute Tat an ihm getan.

 

Damit könnte die Geschichte enden. Aber nein. Die Jünger haben ihre Kommentare abzugeben. Die Liebestat der Frau hat sie so angewidert, dass sie es einfach laut sagen mussten: Was für eine Vergeudung! Man hätte das Öl verkaufen und das Geld den Armen geben können!

 

Sie verstehen überhaupt nicht, was sich gerade abspielt. Dass da gerade jemand dem Messias begegnet. Nein. Sie meckern. Und es klingt logisch und sozial. Ist es aber nicht. Denn diese Unzufriedenheit und ‚man hätte können‘ bedient sich der Armen nur, um die Frau kritisieren zu können. Warum? Vielleicht, weil die Jünger neidisch auf ihre Selbstlosigkeit sind? Oder sauer, dass sie selbst nicht darauf kamen, den Messias zu salben? Oder denken sie tatsächlich, dass sie Anspruch auf das Eigentum dieser Frau haben? Auf jeden Fall werfen sie mit Beschuldigungen nach ihr, in die Stille der Salbung. Es war eine sehr emotionale und angespannte Situation.

 

Die Frau schweigt. Vielleicht ist sie jetzt tatsächlich verunsichert oder sie schämt sich sogar für ihre unüberlegte Tat.

 

Jesus ergreift das Wort, denn er durchschaut den Vorwurf und nimmt die Frau in Schutz. Er macht den Jüngern klar, dass niemand sie davon abhält, den armen Menschen zu helfen. Genau umgekehrt. So, wie Jesus selbst die ganze Zeit die Menschen heilte und sie lehrte, so  dürfen es auch die Jünger tun. Jeden Tag. Gleichzeitig gibt es Situationen, Gelegenheiten, geschichtliche Stunden, in denen sich Außerordentliches abspielt. Die Armen kommen nicht zu kurz, denn um die sollen wir uns immer sorgen. Jesus allerdings hat hier nur noch einige Tage zu Leben übrig.

 

Das Richtige zur richtigen Zeit tun, das ist ein hohes Gut. Manche Menschen werden es nicht verstehen, werden es vielleicht auslachen oder denunzieren, doch die Wahrheit ist, dass diese Taten einen ewigen Wert haben. Jesus sagt sogar: diese Frau wird gerade für diese Tat nie vergessen. Sie tat, was sie konnte.

 

Auch Jesus tat zur richtigen Zeit das Richtige. Am Karfreitag werden wir uns daran erinnern. Das sind außergewöhnliche Liebestaten.

 

Von vielen zuerst nicht verstanden. Von manchen bis heute nicht verstanden. Doch unmessbar wertvoll.

 

Zur richtigen Zeit das Richtige tun. Oder zur richtigen Zeit das Richtige sagen. Auch das ist Palmsonntag.

 

Diese Geschichte zeigt einiges. Unter anderem die Macht der Liebe und die Macht der Worte.

 

Die Worte können verletzen, aber auch schützen. Sie können zerstören, aber auch aufbauen. Unsere Worte kommen nicht nur aus unserem Mund, sondern noch mehr aus unserem Herzen. Deswegen bitten die Psalmisten häufig um ein reines Herz. Ein reines Herz tut mir gut und allen um mich herum.

 

Die übermutigen Jünger mit ihrem schnellen und leider auch falschen Urteil leuchten hier auf wie ein Warnlicht – das Warnlicht sagt: so nicht!

 

Ich wünsche mir und uns, dass wir immer die Worte der Barmherzigkeit, der Hoffnung und der Liebe finden und gleichzeitig auch empfangen. Ich wünsche uns, dass wir zur richtigen Zeit Gutes geben und zur richtigen Zeit den Schutz Gottes spüren.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. AMEN.

 

Bleiben Sie Behütet!

 

Mit herzlichen Grüßen,

Martina Lukešová, Pastorin z.A.

 

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