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Exaudi, 24. Mai

Ihnen zeigte er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. Und als er mit ihnen beim Mahl war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr – so sprach er – von mir gehört habt; denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen. Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.                 Apostelgeschichte 1, 3-11

 

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,

 

am Donnerstag feierte die Kirche weltweit Christi Himmelfahrt, ein sehr außergewöhnliches Ereignis der christlichen Geschichte. Außergewöhnlich, unglaublich und unvorstellbar. Und zwar, dass Jesus Christus gen Himmel aufgefahren ist; das bekennen wir übrigens auch in unserem Glaubensbekenntnis. Obwohl der Verfasser der Apostelgeschichte behauptet er würde die geschichtlichen Ereignisse beschreiben, wird heute gern über einen Mythos gesprochen. So etwas konnte doch gar nicht passieren! Gen Himmel aufgefahren: wie sollen wir es uns vorstellen? Der moderne Mensch kann doch nicht an so ein altmodisches Science-Fiction glauben! Stimmt es? Eigentlich nicht. Der Text ist klar, deutlich und verständlich. Zumindest für die damaligen Zuhörer. Sie wussten damals, dass eine Begegnung mit der Realität Gottes unmöglich zu beschreiben ist. Und dafür, dass es eben unmöglich ist, hat der Verfasser der Apostelgeschichte keine schlechte Arbeit geleistet.

Ich muss in diesem Zusammenhang an meine Jahre in einer Grundschule als Integrationsassistentin denken. Ich war in der ersten Klasse und konnte beobachten, wie Kinder beschreiben, was sie erlebt haben.

Immer montags bei der Erzählrunde erzählten die Kinder, was sie am Wochenende erlebten. Die Eltern und Ureltern unter ihnen kennen natürlich solche Erzählungen. Und dann kam Oma und Opa und dann war es waa, und dann boang und der Kuchen war yummi. In Wirklichkeit waren die Kinder bei Oma und Opa zu Besuch, haben mit Opa im Garten gespielt und leckeres Mittagsessen gehabt. Am Nachmittag gab es auch noch Kuchen. Reisegeschichten, die waren noch interessanter. Vollkommen unlogisch und zeitversetzt erzählt.

Wieso? Kleine Kinder können oft keine zusammenhängenden Geschichten erzählen und dazu erleben sie vieles zum ersten Mal. Logische und chronologische Zusammenhänge können noch nicht sortiert werden. Erleben die Kinder etwas anderes als Oma und Opa? Nein. Sie erleben genau das gleiche. Nur für die Beschreibung sind sie noch nicht ausgestattet. Daran musste ich denken, als ich den Bericht über Christus und seine Himmelfahrt gelesen habe. Wir Menschen sind vor Gott auch ein bisschen wie kleine Kinder. Erleben können wir alles, aber es in Worte zu fassen? Das fällt uns sehr schwer. Der Bericht von Jesu Himmelfahrt wurde dem modernen Menschen zum Anstoß. Für die Vernunftgetriebene ist es schwer zu erfassen wenn Immanenz und Transzendenz sich begegnen. Nämlich das, was wir mit unserer Vernunft durchforschen können (=Immanenz) und das, was uns übersteigt (=Transzendenz). Besonders für die Denker des späten 19. und des 20. Jahrhunderts war dies fast unerträglich. Naturwissenschaftler haben Berechnungen über die Aufstiegsgeschwindigkeit Jesu angestellt, Kosmonauten haben im Weltraum nach Jesus gesucht und so die Unmöglichkeit des biblischen Berichts erweisen wollen.

Wo ist Gott? Hier im Himmel nicht. Allerdings haben sie nicht gemerkt, dass unser heutiger Himmel nicht dem damaligen Wortgebrauch ‚Himmel‘ entspricht. Die Bibel sagt mit der Geschichte, dass Gott für den Menschen erfahrbar ist und dass eben an manchen Stellen Immanenz und Transzendenz sich berühren. Der Mensch ist hier der Empfänger. Es geht nicht um etwas zu beweisen, es geht darum etwas von Gott anzunehmen. Das gewisse ‚etwas‘ in unserer Geschichte ist die Gewissheit, dass Gott seinen Weg mit uns weiter geht. Mit der Kreuzigung, auch mit der Auferstehung und sogar mit der Rückkehr Jesu zu Gott Vater endet es nicht.

Wunder um Wunder geschah damals und wenn wir ehrlich sind, geschieht es bis heute. Und genauso wie damals sind manche unsere Erfahrungen so schwer zu beschreiben, dass wir sie entweder komplett verschweigen oder merken, dass uns für sie die Worte fehlen. Z. B. die ‚Wolke‘ in der Geschichte. Es geht nicht um eine Wolke auf dem Himmel. Das Wort ‚Wolke‘ wurde seit Jahrhunderten in den jüdischen Schriften für die Herrlichkeit Gottes, für seine Anwesenheit unter uns verwendet. Es war ein Symbol. Wenn jemand heute sagt: Du musst die Mauer in deinem Kopf überwinden, gehen wir auch nicht davon aus, dass derjenige tatsachlich eine Mauer aus Steinen im Kopf hat. Die Mauer ist ein Symbol für etwas. Genauso wie ‚Hunger ist der beste Koch‘. Natürlich ist er es nicht. Nicht nur, dass er keine Hände hat, sondern dieser Spruch wäre eine Beleidigung für alle guten Köche der Welt, wenn wir ihn unsinnigerweise wortwörtlich statt sinngemäß interpretieren würden. Und ähnlich ist es mit manchen Auslegungen der Bibel.

Zurück zur Christi Himmelfahrt. Kein moderner Mensch muss durch diese Geschichte verunsichert werden. Damals geschah einfach etwas, was unsere Vernunft übersteigt. Hut ab vor Lukas, dass er es versucht hat zu ‚dokumentieren‘. Jetzt ist es an uns, die Realität mit Gott zu leben und vielleicht auch zu dokumentieren. Manchmal überrascht uns das Erlebte, manchmal werden wir wie die kleinen Kinder: wir erleben es und es überfordert uns.

Und das ist in Ordnung. Die ersten Jünger haben die gleiche Erfahrung gemacht. Es kam alles ganz anders, als sie es erwartet haben und es kam besser, als sie es erwartet haben. Dies ist auch unsere Hoffnung. Es kommt vielleicht nicht alles so, wie wir es uns wünschen, doch es kommt nach dem Plan Gottes. Und dabei dürfen wir mitwirken. Ich wünsche mir und uns, dass wir dies erkennen, mit Freude die Wunder Gottes erleben und sie annehmen. Amen.

 

Mit herzlichen Grüßen Ihre Pastorin z. A. Martina Lukešová

 

GEBET:

 

Du zeigst uns den Himmel,
Christus, du Auferstandener.
Du bist unser Himmel.

 

Komm mit dem Himmel zu uns.
Wohne in unseren Herzen,
damit deine Liebe uns verwandelt,
damit wir eins sind,
damit wir einander vertrauen,
damit wir einander vergeben,
damit wir einander helfen.

 

Komm mit dem Himmel zu den Schwachen.
Lebe mit ihnen,
damit ihnen neue Kräfte wachsen.

 

Komm mit dem Himmel zu den Kranken.
Heile sie, damit sie aufatmen und wir einander wieder berühren.

 

Komm mit dem Himmel zu den Mächtigen.
Leite sie,
damit sie dem Frieden dienen
und der Gerechtigkeit aufhelfen.

 

Komm mit dem Himmel zu unseren Kindern.
Begeistere sie,
damit sie lernen, das Gute zu tun.

 

Christus, du Auferstandener,
der Himmel ist in uns.
Du bist unser Himmel,
heute und alle Tage.

Amen.

 

 

Pfingstmontagsgottesdienst

              im Pfarrgarten in Wredenhagen             

1. Juni 2020 um 14:00 Uhr

(bei schlechtem Wetter in der Kirche)

 

Wir freuen uns auf Sie!

 

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