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Lesepredigt zum Pfingstmontag

Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab. Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde verstört, denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, Galiläer? Wie hören wir sie denn ein jeder in seiner Muttersprache? Parther und Meder und Elamiter und die da wohnen in Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, Pontus und der Provinz Asia Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Römer, die bei uns wohnen, Juden und Proselyten, Kreter und Araber: Wir hören sie in unsern Sprachen die großen Taten Gottes verkünden. Sie entsetzten sich aber alle und waren ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll süßen Weins. Apostelgeschichte 2

Liebe Festgemeinde,

 

heute, wie wir sehen, ist alles anders als sonst. Wir sind nicht im Demmin-Holz, sondern im Pfarrgarten. Wir sitzen nicht nahe beieinander, sondern mit großem Abstand, wir singen nicht, sondern summen einfach die Melodie der Lieder. Dank der Corona-Pandemie- Gefahr lernen wir neue Formen des Gottesdienstes kennen. Alles ist anders. Und doch ist alles gleich.

 

Pfingsten wird Jahr für Jahr gefeiert schon seit fast zwei Tausend Jahren. Damals geschah etwas was unsere Vernunft übersteigt, etwas, das schwer zu beschreiben ist, etwas, das allerdings bis heute die Kirche definiert und ausmacht.

 

Der Heilige Geist wurde von Gott gesandt als Tröster und Beschützer, Unterstützung ( parakletos) und als Geist der Wahrheit , den der Geist führt seine Kirche in die Wahrheit ein. Das alles ist der Heilige Geist. Damals, als er das erste Mal über die Jünger kam, war es sehr auffällig – ein Wunder, ein unerklärbares Geschehen. Doch manche Menschen waren schnell fertig mit der Beurteilung: Die sind betrunken! Die sind betrunken!

 

Warum sagten sie es? Weil sie sich entsetzten (hatten Angst), wurden ratlos und das konnten sie nicht aushalten. Deswegen versuchten sie das Ganze Geschehen zu ‚verscheuchen‘ in dem sie es abwerteten. Eine relativ häufige menschliche Reaktion – bis heute. Leider. Darüber habe ich allerdings schon letztes Jahr in der Predigt gesprochen und möchte die Geschichte heute aus einem anderen Winkel anschauen, nämlich aus dem Winkel der (vom Heiligen Geist ‚überfallenen‘) Jüngern.

 

Ja, überfallen ist glaube ich das richtige Wort. Denn sie haben es ja nicht erwartet. Sie saßen da und hatten keine Ahnung, was gleich geschieht – nämlich, dass sie in die Geschichte kommen durch die Fähigkeit in jeder Sprache das Evangelium verständlich zu predigen. Und nicht nur das, sondern das Wunder war an ihnen zu sehen: ... es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist...

 

Wie sollen wir es heute verstehen? Bestimmt nicht so wie damals die Überforderten, dass die Jünger betrunken wären. Wir sollen es verstehen aus der Sicht des Schreibers. Schon zur Christi Himmelfahrt hatte er eine schwere Aufgabe, nämlich zu beschreiben, was er selbst nicht so richtig erfassen konnte. Jetzt das gleiche. Er bedient sich Wörter die er kennt um zu beschreiben etwas was er nicht kennt. In dem Zusammenhang fällt mir ein wie wir heute z. B. Glück beschreiben. ‚Sie/er strahlt.‘

 

Wirklich? Strahlen die Menschen? Natürlich nicht, denn der Begriff Strahlung bezeichnet die Ausbreitung von Teilchen oder Wellen. Wer glücklich ist, ist dadurch noch kein Röntgengerät. Doch wir alle verstehen, was gemeint ist, wenn ein Mensch strahlt. Die Braut und der Bräutigam strahlen, Kinder unter dem Weihnachtsbaum strahlen... und doch strahlen sie nicht im technischen Sinne des Wortes nicht. So ist es auch mit den Feuerzungen. Etwas war anders mit den Jüngern. Sie brannten für Gott. Sie Strahlten etwas aus. Hielten eine feurige Rede. Eine sehr ungewöhnliche Rede, denn sie stellten der damaligen Welt einen liebenden Gott vor. Nicht einen Diktator, nicht einen verurteilenden Richter, keinen blutrünstigen Götzen, sondern einen liebenden Vater, der für das Gelingen des Lebens sorgt. Der dem Frevler eine Chance zur Umkehr gibt, der den Traurigen tröstet, der dem Irrenden die Richtung zeigt, der sich mit dem Glücklichen freut. Über diesen Gott haben die Jünger gesprochen Für diesen Gott brannte ihr Herz so, dass wir bis heute über Feuerzungen lesen. In ihnen brannte die Liebe. Die Liebe ist anzunehmen, denn Liebe lässt sich nicht ignorieren. Deswegen mussten die Nörgler ganz unlogisch behaupten, die Jünger wären schon in der früh betrunken. Wer Liebe nicht annehmen möchte, versucht sie zu leugnen. ‚Die sind betrunken‘ ist leichter gesagt als ‚Ich habe Angst mich auf einen liebenden Gott einzulassen‘. Doch das ist die Aufgabe der Kirche – sich auf Gott einzulassen und zu strahlen, für Gott zu brennen; auch wenn ein Nörgler einen beschimpft oder auslacht. Auch für den Nörgler ist Christus gestorben und auch ihn lädt er zu sich ein. Deswegen soll die Kirche von dem Heiligen Geist erfüllt sein. Das ist ihr Recht und ihre Bestimmung. Eine Kirche, die denkt, sie bräuchte das alles nicht, würde ihren Sinn verfehlen. Auch wir heute brauchen den Heiligen Geist. Nicht nur im Gottesdienst, sondern rund um die Uhr. Denn egal wo wir uns befinden, brauchen wir die Unterstützung um in der Welt zu leuchten. Nicht als ein ‚Star‘, sondern als ein Leuchtturm, der den richtigen weg andeutet. Kirche zu sein ist ein Privileg ein Mitarbeiter Gottes zu sein und es ist auch ein Dienst. Lasst uns daran denken jedes Mal, wenn wir den Mund aufmachen. Was kommt da raus? Murren, Nörgeln, Beschuldigung und Streit? Das wäre kein Zeichen des Heiligen Geistes. Auch in der Familie, unter Partnern, Eltern und Kindern, Freunden und Bekannten - wenn wir den Drang verspüren sich übereinander zu beklagen, weil das Bauchgefühl es uns rät, wenn wir wieder einen Sündenbock suchen um einen Stein schmeißen zu können, lasst uns an den Heiligen Geist denken. Lasst uns die kleine Feuerzunge suchen, die Anwesenheit des Heiligen Geistes. Oder um ihn bitten. Und lasst uns loben, Mut zusprechen und wohlwollend miteinander umgehen. Dann bringt die Arbeit der Kirche Früchte in jedem Bereich des Lebens. Das ist der Sinn von Pfingsten. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unseren Herrn. AMEN

Komm, Heiliger Geist, und schaffe alles neu!

 

Wir sind in Unruhe.

Komm mit deiner Weisheit.

 

Viele sind verunsichert.

Komm mit deiner Klarheit.

 

Die Mächtigen sind uneins.

Komm mit deinem Rat.

 

Die Kranken sehnen sich nach Heil.

Komm mit deiner Stärke.

 

Die Wissenschaftler und Forscherinnen mühen sich.

Komm und schenke ihnen Erkenntnis.

 

Die Traurigen verlieren den Mut.

Komm mit deinem Trost.

 

Deine Gemeinde sehnt sich danach, zu singen und gemeinsam aufzuatmen.

Komm und berühre deine Menschen.

 

Brich mit uns zusammen auf.

Geh mit uns hinaus ins Weite und heile uns.

 

Komm, wir warten!

Komm, Heiliger Geist, und schaffe alles neu!

Amen.

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