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Trinitatis

Es war ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, einer von den Oberen der Juden. Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Meister, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde,** so kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden? Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren ist, das ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist. Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: Wie kann dies geschehen? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bist du Israels Lehrer und weißt das nicht? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben; ihr aber nehmt unser Zeugnis nicht an. Glaubt ihr nicht, wenn ich euch von irdischen Dingen sage, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch von himmlischen Dingen sage? Und niemand ist gen Himmel aufgefahren außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn.

 

 

Nikodemus kam zu Jesus bei Nacht. Wie auch sonst, wenn er sich niht outen wollte, dass er, die religiöse und politische Autorität, das Bedürfnis hat sich belehren zu lassen? Für manche Menschen ist es ein Zeichen von Schwäche, wenn Autoritäten zugeben, dass sie eben nicht die Weisheit mit löffeln gefressen haben. Und da es als Schwäche gesehn wird, veruschen viele Menschen, die sich selbst als Autorität wahrnehmen, unfelhlbar und allwissend zu wirken. Von Eltern, Lehrern, Polizisten, bis zu Präsidenten. Dies hat im besten Fall komische Züge, im schlechten Fall kann es für die anvertrauen Personen gefährlich werden. Das sehen wir auch heute – ob es um die unterschätzte Corona-Gefahr in manchen Ländern geht oder die Unwilligkeit der nicht existenten Gleichberechtigung in die Augen zu schauen.
An der Geschichte von Nikodemus sehen wir allerdings, wie gut und bereichernd es ist den Mut zum Fragen zu finden. Nikodemus, ein gebildeter, in der Öffentlichkeit hoch angesehener Mann wagt es. Er wagt es sich einzugestehen dass jemand anderes mehr Weisheit als er selbst hat. Dass der Rabbi, oder Prophet, oder eben sogar der Messias in der Person Jesu Christi, die echte Autorität ist und so einem Nikodemus viel zu erleuchten hat. Bei Nacht kommt Nikodemus. Warum bei Nacht? Weil die Nacht, die Dunkelheit ihn schützt. Sie schützt ihn vor Augen der Menschen, die das Fragen als Schwäche sehen, für die nur der als ‚Vorbild‘ zählt, der selbst die Antworten parat hat (auch wenn sie dumm sind, falsch oder sogar irreführend. Dazu hat Jesus gerade vor ein paar Stunden den Tempel gereinigt, d. h. er hat die Verkäufer samt ihrer Ware rausgeschmissen und dabei die Priester beleidigt mit einer Beschuldigung der Missachtung Gottes und des Tempels. Das hat dem Hohepriester und den Priestern natürlich nicht gefallen. Jesus wurde zur politisch inkorrekten Person, da er die Heuchelei im System öffentlich angesprochen hat.
Nikodemus aber wurde dadurch tief angesprochen, denn er kommt zu diesem ‚Friede-Freude-Eierkuchen-Störer‘ und gibt ihm zu verstehen wie hoch er Jesus schätzt. Das macht Nikodemus auch so außerordentlich. Er ist ein am Höhepunkt seiner politischen Karriere (als Mitglied des Hohen Rates), doch gleichzeitig bleibt er demütig und human. Er weiß Charakter zu schätzen. Vielleicht erinnerte ihn Jesus mit seiner ge-geisterten Authentizität an seine jungen Jahre. Wahrscheinlich wollte auch Nikodemus Rückgrat haben, kompromisslos gut handeln, wer weiß. Doch mit den Jahren wird man müde, man passt sich an und erwirbt eine gute Stelle im System. Doch jetzt kommt der ‚Lehrer Israels‘ und sucht bei Jesus, was er auf seinem Lebensweg verloren hat. Nämlich den Lebenssinn. Viele könnten sagen, dass er alles erreichte, war er konnte, doch Nikodemus sieht es nicht so. Er sucht das wahre Leben mit Gott. Nicht nur das ‚Überleben‘, ‚Vegetieren‘, sondern das bewusste Wandern zum sinnvollen Ziel.
Hier macht sich der Unterschied zwischen ‚Wissen‘ und ‚Wissen‘ bemerkbar. Nikodemus weiß, weil er ausgebildet wurde, Jesus weiß, weil er das, war er in den Schriften entdeckte auch lebt. Er macht die Erfahrung mit Gott und hat die Schriften ins Leben um.
Deswegen stellt er auch Nikodemus direkt am Anfang vor ein unlösbares Problem: er soll wieder geboren werden. Tja… aber wie wohl? Natürlich durch den Heiligen Geist. Nikodemus sollte es selbst wissen, denn der Heilige Geist begleitet das Tun Gottes seit dem zweiten Satz der Bibel. Als der Geist der Schöpfungsgeschichte, als der Geist, der den ersten Menschen belebt, als der Geist, der Propheten beruft usw. Der Geist Gottes ändert das Leben eines Menschen. Der Geist (hebr. ruach), Wind oder auch ‚Atem‘, sorgt für das Leben der Menschen Gottes. Er ist in Bewegung und bewegt jeden, der ihn erlebt. Seit Pfingsten wurde dieser Geist der weltweiten Kirche gegeben. Auch in ihrem Tun soll er wirken und bemerkbar werden. Wie Nikodemus nach diesem Gespräch weiter lebte, das wissen wir nicht. Doch wir treffen ihn später wieder – wie er sich bei den jüdischen Autoritäten für Jesus einsetzt und dann am Grab Jesu.
Die Geschichte ist alt, sehr alt. Gleichzeitig kann es meine oder Ihre Geschichte sein. Ein ‚suchende Nikodemus‘ lebt auch heute. Ich hoffe, dass er in mir lebt, dass er in der Kirche lebt und dass er immer wieder den Mut findet sich auf dem Weg zu Jesus zu machen, um Antwort auf alle seine Lebensfragen und Sorgen zu bekommen.

AMEN

 

Ihre Pastorin z. A. Martina Lukešová


Du dreieiniger Gott,


lehre uns, wie Gemeinschaft gelingt


und sei mit deinem Segen in dieser Welt,
 die zerrissen ist,


zerstritten,
 geschändet,
 gequält von Hass und Gewalt.


Du dreieiniger Gott,


lehre uns, wie wir einander verstehen


und sei mit deinem Segen bei denen,


die gegen Hass und Gewalt demonstrieren.


Du dreieiniger Gott,


lehre uns, Versöhnung zu suchen


und sei mit deinem Segen bei denen,


die sich der Gewalt verweigern und
 Brücken bauen.

 

Du dreieiniger Gott,


lehre uns, barmherzig zu sein


und sei mit deinem Segen bei den Kranken und Sterbenden


und bei denen, die sie pflegen und beschützen.


Du dreieiniger Gott,


lehre uns, füreinander dazu zu sein


und sei mit deinem Segen bei denen,


die mit ihrem Wissen und Können dem Leben dienen.


Du dreieiniger Gott,


lehre uns zu glauben


und sei mit deinem Segen
 in deiner weltweiten Kirche,


in unserer Gemeinde,
 bei unseren Freunden und Familien.


Du dreieiniger Gott,


du bist die Quelle, du bist das Leben,


bei dir ist Frieden.


Dir vertrauen wir uns an – heute und alle Tage.

Amen

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Kommentare: 1
  • #1

    Ralf & RENATE (Sonntag, 07 Juni 2020 08:48)

    Ihr Lieben, wir danken für die Verkündigung des Wortes Gottes und die Auslegung durch unsere Pastorin. Aber auch für die wunderbare musikalische Begleitung, die zum Mitsingen geradezu einlädt. Davon habe ich regen Gebrauch gemacht. Was für ein schöner Morgen, beschenkt durch die Verkündigung, Nahrung für unsere Seele. Möge jeder Sonntag uns so zur Freude sein. Wir sind dankbar für den Dienst unserer Pastorin, für ihr Hiersein in unserer Gemeinde. Dafür braucht es unser aller Gebet.

    Komm Herr segne uns, dass wir uns nicht trennen,sondern überall uns zu dir bekennen . Nie sind wir. allein, stets sind wir die Deinen.Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.
    In Liebe Jesu
    Ralf & RENATE